Statement des „Vergabefachbeirats Musik“ im Rahmen des Arbeitsraumprogramms des Landes Berlin zur Sicherung, Schaffung und Vergabe von geförderten Arbeitsräumen für/an professionell arbeitende Künstler*innen
Am 7. und 15. März 2023 fand die aktuelle Sitzung des Vergabebeirats für die Musikräume statt. Es lagen insgesamt 132 Bewerbungen vor. Dem gegenüber stand ein Kontingent von 14 für die Dauer von vier Jahren befristet zu vergebenden, subventionierten Musikprobe- und Arbeitsplätzen (1 Raum in der Hasselwerder Villa in Oberschöneweide und 13 Plätze am Platz der Luftbrücke in Tempelhof).
Die Antragslage bezeugt eine ungebrochene Vielfalt an professionellen Musiker*innen, Ensembles und Bands in der Stadt, die unterschiedlichsten Genres zuzurechnen sind, diverse biographische und professionelle Hintergründe aufweisen und basierend auf ihrer Praxis spezifische Arbeitsweisen ausgebildet haben. Viele arbeiten in Kollektiven, in denen Genregrenzen verschwimmen. Gründe für die Suche nach geeigneteren Räumen sind häufig Verdrängung aufgrund von Mietpreissteigerung, Kündigung oder eine nicht zumutbare Arbeitssituation, z.B. aufgrund fehlender Alternativen im privaten Wohnraum.
Dem Vergabebeirat war es ein besonderes Anliegen, die Vielheit der aktuellen professionellen Musikproduktion in der freien Szene Berlins abzubilden. Dies war nicht adäquat möglich. Die Diskrepanz zwischen der Zahl der Antragstellenden, die aufgrund ihrer künstlerischen Arbeit und ihrer Bedeutung für das Musikleben in Berlin eine Berücksichtigung verdient hätten und der Zahl der tatsächlich zu vergebenden Räume ist alarmierend hoch. Es sind zu wenige bezahlbare und für die musikalische Nutzung geeignete Räume verfügbar. Das betrifft sowohl für die dauerhafte Anmietung vergünstigte Proberäume als auch Räume, die für zeitlich begrenzte Projekte kostenfrei buchbar sind.
Neben etablierten, schon lange in Berlin ansässigen und aktiven Musiker*innen, nimmt auch die Zahl derjenigen nicht ab, die neu nach Berlin kommen, um sich hier zu verankern. Eine Raumförderpolitik, die einerseits verlässlich die Bedarfe der etablierten Akteur*innen deckt und gleichzeitig Angebote an die zahlreichen vielversprechenden Neuankommenden machen kann, ist derzeit nicht erkennbar.
Das Raumproblem in der Stadt für frei und professionell arbeitende Musiker*innen wächst seit Jahren. Von Seiten der Politik ist dringend Handlungsbedarf notwendig. Die Arbeit von eingesetzten Vergabebeiräten droht sonst zum Feigenblatt zu verkommen, das der prekären Situation den Anschein von Fairness verleihen soll. Um seriöse Vergabeverfahren durchführen zu können, muss das Raumangebot für frei und professionell arbeitende Musiker*innen in Berlin insgesamt deutlich erhöht werden.
für Jazz: Silke Eberhard
für Alte Musik: Maximilian Ehrhardt
für zeitgenössische Musik: Patrick Klingenschmitt
für Pop: Andrea Goetzke
für Musiktheater: Matthias Schönijahn
Die aktuelle Raumsituation für andere Sparten (Bildende Kunst, Film, Literatur, Projekträume, Tanz und Theater) sind den jeweiligen Statements der entsprechenden Fachbeiräte zu entnehmen. (Hinweis des Sprecher*innenkreises der Koalition der Freien Szene Berlin)