Ein lebendiges Kunst- und Kulturleben macht Berlin aus, in der internationalen Wahrnehmung wie im Kiez. In Berlin interagieren große Institutionen, Theater, Museen, Konzerthäuser und Clubs mit freien Künstler*innen, internationale Gäste mit lokalen Kiez-Akteur*innen, Museen und Opernhäuser mit soziokulturellen Trägern, Bibliotheken und der Amateurkultur. Diese Vielfalt und Vernetztheit ermöglichen kulturelle Teilhabe für Berliner*innen jeden Alters, Einkommens und Herkunft. Kulturwirtschaft und Tourismus profitieren von der Ausstrahlung der Stadt und ihrer vielfältigen Kulturangebote. Dass die Berliner Kultur mit ihren vielen Leuchttürmen und weltweit bekannten Künstler*innen regelmäßig in internationalen Medien präsent ist und hunderttausende Besucher*innen jährlich anzieht, liegt an diesem einzigartigen Kulturökosystem, das weltweit seinesgleichen sucht.
Für dieses Kulturökosystem stehen aktuell nur 3% des Gesamtvolumens des Berliner Haushalts zur Verfügung, gemessen an der Bedeutung der Kultur für die Stadt ist das verschwindend gering. Vor dem Hintergrund von Pandemie-Folgen, Inflation, gestiegenen Energiekosten und Mieten und der angespannten Haushaltslage steht die Berliner Kultur aktuell erneut auf der Kippe. Und ein Ökosystem – das verstehen wir mittlerweile aus anderen Zusammenhängen – ist nicht so leicht wieder aufzubauen, wenn es erst einmal zerstört ist.
Die Krise bezahlbarer Wohn- und Arbeitsräume in Berlin eskaliert. Präsentations- wie Arbeitsräume jeder Größenordnung leiden unter einem massiven Anstieg ihrer Fixkosten. Das Durchschnittseinkommen von freien Künstler*innen liegt weiterhin knapp unter 20.000 Euro jährlich. Faire Arbeitsbedingungen im Kulturbereich sind auch an großen Institutionen abhängig vom Ausgleich der Inflation bei Honoraren und Gehältern. Während die Hilfsprogramme der Pandemie-Zeit enden, sind die Auswirkungen für die Kulturlandschaft noch lange nicht vorbei. In den kommenden zwei Jahren wird sich entscheiden, ob Kunst und Kultur in ihrer jetzigen Qualität, Vielfalt und Attraktivität die Pandemie und ihre Folgen überleben.
In ihrem Koalitionsvertrag haben sich die Regierungsparteien CDU und SPD dazu bekannt, die Berliner Kulturszene in ihrer Vielfalt und Freiheit zu schützen. Sie beabsichtigen, Künstler*innen und Einrichtungen durch eine bessere Absicherung für die Zukunft und künftige Krisen resilienter zu machen. Zudem bekennt die Koalition mit dem neuen Ressortzuschnitt “Kultur und Gesellschaftlicher Zusammenhalt”, dass sie eine vielfältige Kulturszene als essentiell für unsere Demokratie und das gesamtgesellschaftliche Ganze erachtet.
Diesem Bekenntnis kommt eine außerordentliche Bedeutung zu.
Wir – die Vertretungen der Berliner Künstler*innen und Kulturakteur*innen an den Institutionen und in der Freien Szene – appellieren mit größter Dringlichkeit an den Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU), Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und Finanzsenator Stefan Evers (CDU), sowie die gesamte neue Regierung von Berlin, die Kulturlandschaft in ihrer vollen Breite und Vielfalt zu sichern!
Die begrüßenswerten Ziele im Koalitionsvertrag sind nicht mit Sparmaßnahmen zu erreichen. Speziell die freien Projekte und Akteur*innen müssen dringend gestärkt werden. Während der Pandemie-Krise hat neben dem Bund vor allem das Land Berlin mit viel Engagement und Kapital dafür gesorgt, dass Künstler*innen, Kunst und Kultur nicht untergegangen sind.
Machen Sie diesen gemeinsamen Erfolg von Politik und Kultur nicht durch Sparmaßnahmen wieder zunichte. Was kaputtgespart wird, ist kaputt. Resiliente Strukturen einer lebendigen Kulturlandschaft kosten aktuell ein wenig mehr Geld, sind aber perspektivisch unbezahlbar viel wert.
Kontakt für Presserückfragen:
Zoë Claire Miller (bbk berlin)
Franziska Werner (Rat für die Künste Berlin)
Janina Benduski (LAFT Berlin)
Julia Schell (Koalition der Freien Szene Berlin)
zu erreichen unter offenerbrief@laft-berlin.de
Der Offene Brief kann weiterhin sowohl von Zusammenschlüssen und Verbänden als auch von Einzelinstitutionen unterzeichnet werden. Unterzeichnungen mit Nennung von Organisation/Institution und den unterzeichnenden Personen bitte an presse@bbk-berlin.de
Wir bitten um Verständnis, dass eine Unterzeichnung von Einzelpersonen zum jetzigen Zeitpunkt nicht geplant ist.
Erstunterzeichner*innen: