Die Entwicklung des Berliner Kulturhaushaltes in den letzten zehn Jahren ist in Bezug auf die Förderung von freien Strukturen mehr als Besorgnis erregend. Standen vor zehn Jahren noch rund 10 % des Kulturhaushaltes an disponiblen Mitteln zur Verfügung, sind es heute mit rund € 10 Millionen nur noch 2,5 %. Hinzu kommen weitere € 10 Millionen aus dem vom Bund finanzierten Hauptstadtkulturfonds, die aber nur zu etwa 60 % freien Projekten zur Verfügung stehen.
Die Regierungskoalition aus SPD und CDU hat in ihrem Koalitionsvertrag von 2011 festgehalten: „Berlin ist eine globale Kulturmetropole, unser kultureller Reichtum ist unser Kapital. (…) Kunst, Kultur und die Kreativszene gehören zu den zentralen Grundressourcen der Stadt. (…) Die Koalition will die Freie Szene verstärkt fördern (…).“
Bislang sind diesen Willensbekundungen aber keine konkreten Taten gefolgt. Die im letzten Haushalt vorgenommene Aufstockung des Etats für freie Projekte um € 800.000 war ein richtiges Signal, entspricht jedoch nicht annähernd den Notwendigkeiten und der Bedeutung der Freien Szene Berlins. Zumal der Konzeptfördertopf der Darstellenden Künste mit der Übernahme des Renaissance-Theaters in die institutionelle Förderung erst 2010 um ca. € 2 Mio. reduziert wurde.
Die Koalition der Freien Szene fordert eine substanzielle Aufstockung der disponiblen Mittel im Kulturetat. Die Tatsache, dass die Summe aller institutionellen Förderungen kontinuierlich zunimmt und im Gegenzug die Mittel für freie Strukturen immer weiter abgesenkt werden, ist nicht mehr hinnehmbar und wirkt vor dem Hintergrund von Slogans wie „Kultur bewegt Berlin“ (Kulturförderbericht des Berliner Senats 2011) geradezu zynisch.
Freie, oft dezentral agierende Kunst- und Kulturprojekte schaffen für die Stadt unverzichtbare Formen der Partizipation. Insbesondere von den freien, experimentellen, raum- und disziplinüberschreitenden künstlerischen Produktionsformaten gehen Impulse und neue Reflexionsformen aus, die nicht nur belebend auf die kulturellen Institutionen wirken, auch für wirtschaftliche Entwicklungsprozesse sind die kreativen Impulse der Kunst zunehmend Motor. Der Kreativwirtschaftsboom in Berlin hätte ohne die freie Kunstszene nicht stattgefunden. Diese braucht aber Freiräume – im eigentlichen Sinne und finanziell, die in Berlin schwinden.
Antwort kann jedoch nicht die Umverteilung von Mitteln aus den institutionell geförderten Einrichtungen wie z.B. den Theatern, Opernhäusern oder Museen zugunsten der Freien Szene sein. Die Koalition der Freien Szene begreift die unterschiedlichen Produktionsstrukturen von Kunst in Berlin als eine gemeinsame, einzigartige Kulturlandschaft, die die Identität der Stadt ausmacht.
Die notwendige Korrektur des Missverhältnisses in der Berliner Kulturförderung muss durch eine Erhöhung des Gesamtkulturetats zugunsten der freien Produktionsstrukturen erzielt werden. Die Koalition der Freien Szene kämpft für die Verwendung von 50% der Einnahmen aus der City Tax für die Freie Szene als einer Möglichkeit, „frisches Geld“ für die Kultur zu gewinnen. Die Forderungen der Koalition der Freien Szene im 10 Punkte-Programm, zielen auf die Erhöhung bestehender und die Einrichtung neuer Haushaltstitel und damit die Anpassung der Kulturförderstrukturen an die tatsächliche künstlerische Praxis.