Hauptstadtkulturfonds Berlin für freie Projekte und faire Arbeitsbedingungen sichern

Freie Szene stärken
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Der Hauptstadtkulturfonds Berlin trägt in seiner Ursprungsidee noch immer den Gedanken, Projekte zu unterstützen, die dem großen Potenzial der professionellen Freien Szene sowohl in Produktion als auch Präsentation Geltung verschafft. Durch den HKF ist es maßgeblich gelungen, Berlin als internationalen Kulturstandort zu entwickeln, zu festigen und immer wieder mit Projekten weltweite Standards zu setzen.

Anlässlich der Verhandlungen zwischen Bund und Berlin über den Anschlussvertrag zum 2017 auslaufenden Hauptstadtfinanzierungsvertrag erinnert die Koalition der Freien Szene an diese besondere Qualität des Hauptstadtkulturfonds Berlin und fordert die Politiker*innen des Bundes und des Landes Berlin auf, das erfolgreiche Förderinstrument des Hauptstadtkulturfonds für freie Projekte nachhaltig zu sichern und für die Zukunft auszubauen.

Aber der Hauptstadtkulturfonds muss nicht nur gesichert werden. Wir erheben fünf grundlegende Kritikpunkte, die seit Jahren im Raum stehen. Nun besteht die Möglichkeit dafür positive Lösungen zu finden:

1. Regelförderungen im Hauptstadtkulturfonds Berlin abschaffen
Keine dauerhaften Förderungen aus Projektmitteln
Über 2,3 Millionen Euro (und damit fast ein Viertel des gesamten Etats des Hauptstadtkulturfonds) sind derzeit als sogenannte Regelförderung fest gebunden. Aktuell gehen jährlich 875.000 Euro an die Kompagnie von Sasha Waltz, 600.000 Euro an das Festival Tanz im August, 350.000 Euro an das Literaturfestival Berlin, 350.000 Euro an das Poesiefestival und 150.000 Euro an das Musikfestival Young Euro Classics. Diese Gelder stehen nicht mehr für freie Projekte zur Verfügung.

Wir fordern, dass die langjährig regelgeförderten Projekte endlich eigenständig in den Haushalten vonLand oder Bund verankert werden, damit diese Fördermittel wieder für freie Projekte aller Kunstsparten genutzt werden können.

2. Etaterhöhung
Nach 16 Jahren Hauptstadtkulturfonds Berlin muss der Etat verdoppelt werden
In Berlin lebende Künstler*innen haben mit immens steigenden Kosten ihrer Arbeits- und Wohnräume zu kämpfen und sind darüber hinaus genauso von den kontinuierlichen Steigerungen ihrer Lebenshaltungskosten betroffen wie alle anderen Mitglieder unserer Gesellschaft. In den Projektbewilligungen und Honoraren der freien Künstler*innen findet dies keinerlei Berücksichtigung. Nach 16 Jahren Hauptstadtkulturfonds ist ein Inflationsausgleich in Berlin unumgänglich, verbunden mit einer Gewährleistung von fairer Bezahlung der freien Künstler*innen und aller Projektbeteiligten.
Wir fordern daher, dass die Fördersumme des Hauptstadtkulturfonds auf 20 Millionen Euro verdoppelt wird.

3. Freies Geld für freie Projekte
Förderungen durch den Hauptstadtkulturfonds Berlin nur für freie Projekte und klar definierte Sonderprojekte
Immer wieder werden Förderungen des Hauptstadtkulturfonds an Institutionen mit eigenen Programmmitteln vergeben, wobei zum Teil sogar laufende Kosten der Institutionen aus der Förderung abgedeckt werden. Dies ist sicherlich auch der unzureichenden Ausstattung einiger Institutionen geschuldet, aber der Hauptstadtkulturfonds Berlin darf nicht als Lückenbüßer für inadäquate Ausstattungen von Kultur-Institutionen genutzt werden. Es kann und darf nicht sein, dass freie Künstler*innen, die mit ihrer Arbeitsweise ein hohes persönliches ökonomisches Risiko in Kauf nehmen, mit dem Verlust ihrer Fördermittel für strukturelle Fehlentwicklungen im Kulturetat bezahlen. Dies führt zu einer verschärften Schieflage in den Beziehungen zwischen freien Künstler*innen und Institutionen.
Eine Förderung durch den Hauptstadtkulturfonds darf daher nur für freie Projekte und klar definierte Sonderprojekte möglich sein.

4. Verbesserung der Entscheidungsprozesse und –kriterien
Die HKF-Jury muss mindestens mit zwei Vertreter*innen pro Sparte besetzt werden, um eine Diskussion der Projekte auf hohem Niveau zu ermöglichen. In jeder Jury muss die freie Kunstszene Berlins angemessen vertreten sein. Die transdisziplinäre Perspektive muss bei der Jurybesetzung Berücksichtigung finden. Die Jurys dürfen nur Projekte finanzieren, deren Finanzpläne die Vorgaben einer noch zu erarbeitenden Honorarordnung für freie Künstler*innen berücksichtigt. Die Jury muss verantwortungsvoll mit der Kürzung von Projektbudgets umgehen – Projekte müssen angemessen ausfinanziert werden.

5. Umbenennung
Zur Profilschärfung fordern wir, dass der Fonds in „Hauptstadtkunstfonds“ umbenannt wird.

Fazit
Die Neuverhandlung des Hauptstadtkulturvertrages ist eine große Chance Missstände jetzt und für die nächsten Jahre zu beheben und Maßstäbe zu setzen. Wir rufen die Bundes- und Landespolitik auf, unsere Forderungen aufzugreifen, die Erfolgsgeschichte des Hauptstadtkulturfonds Berlin auf einer verbesserten und bedarfsgerechteren Basis fortzuschreiben und für eine Stärkung der freien Kulturszene in Berlin einzustehen.

Und wir fordern die Bundes- und Landespolitik auf, die Verhandlungen endlich transparent zu gestalten!