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Wir, als freie Kunst-, Tanz- und Theaterschaffende in Berlin, sehen uns einem aufklärerischen und humanistischen Welt- und Gesellschaftsbild verpflichtet.
Die aktuelle Tendenz, dass Politik und Öffentlichkeit zunehmend durch Rechtspopulist*innen und rechtsextreme Parteien wie die AfD vereinnahmt werden und diese immer mehr Zustimmung durch die Bevölkerung erfahren, hat vor der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus in erschreckendem Maße auch unsere vermeintlich liberale und offene Stadt erreicht. Wir sehen uns daher in der Verpflichtung, ein klares Statement gegen politischen Rechtspopulismus abzugeben.
In der Freien Kunst- und Kulturszene Berlins verstehen wir uns als international, multi- und interkulturell, feministisch, nicht cis- noch hetero-normativ. Es entspricht unserem Selbstverständnis, uns künstlerisch wie auch nicht-künstlerisch (selbst-)kritisch mit der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands auseinanderzusetzen, mit offenem wie auch strukturellem Rassismus und den Privilegien, die einige unter uns gegenüber People of Color, Menschen mit Migrationshintergrund und nicht ‚Biodeutschen‘ erfahren; mit normativen, konditionierten Gender- und Geschlechterrollen, mit der Ungleichheit und Diskriminierung, die Menschen aufgrund unterschiedlicher ökonomischer, sozialer oder weltanschaulicher Hintergründe
erfahren. Wir wollen Orte schaffen, die diskriminierungsfrei und sicher sind.
Daher widersprechen wir aufs Schärfste den Programmen rechtspopulistischer Parteien, die auch in Berlin zur Wahl stehen und von denen einige Vertreter*innen bedauerlicherweise höchstwahrscheinlich auch ins Abgeordnetenhaus gewählt werden.
Wir lehnen die traditionelle Familie als familiäres Leitbild ab, innerhalb dessen konservativ misogyne und homophobe Konzepte Menschen vorschreiben wollen, in welchen Strukturen sie ihren familiären Kontext gestalten sollen und Frauen einem biologistisch- deterministischen Rollenbild folgen müssen. Ebenso insistieren wir darauf, dass Frauen die absolute Autonomie über ihre Körper haben.
Wir lehnen die Definition von Gender als zwei determinierte Geschlechter, die alle, die außerhalb dieser Definition stehen pathologisiert und marginalisiert, ab. Eine wissenschaftlich valide und zeitgemäße Auffassung von Gender definiert dieses auch als sozial-gesellschaftliches Konstrukt. Wir fordern daher die uneingeschränkte Gleichstellung homosexueller mit heterosexuellen Paaren und ein Ende der Pathologisierung und behördlicher Diskriminierung von trans*- und inter*-Personen.
Wir verwehren uns gegen jegliche Diffamierung von LSBTIQ*.
Wir stellen uns radikal gegen die unterschwellige bis offene Fremdenfeindlichkeit, die sich insbesondere in Form einer anti-islamischen Hysterie durch die Programme dieser Parteien zieht.
Unverhohlener Rassismus wird hinter Slogans wie „Mehr Kinder statt Masseneinwanderung“, „Ausländerkriminalität“, „ungeregelte Zuwanderung in die Sozialsysteme“ und „Parallelgesellschaften“ versteckt. Für uns ist Asylrecht uneingeschränktes Menschenrecht und wir befürworten doppelte Staatsbürgerschaften.
Wir verstehen den Sozialstaat als bedingungslose Solidargemeinschaft, in der Sozial- oder Gesundheitsleistungen nicht aufgrund von Weltanschauung, Nationalität oder Suchterkrankung
eingeschränkt werden.
Die Gesellschaft, in der wir leben wollen, ist eine offene, humanistische, pluralistische und multikulturelle und keine deutschtümelnde, rechtsnationale Volksgemeinschaft. Wir stehen für
Multi- und Interkulturalität anstelle „deutscher Leitkultur“.
Daher appellieren wir an Euch und Sie, geschätzte Kolleg*innen, verehrte Zuschauer*innen: Berlin und seine freie Kunstszene steht für Offenheit, Inklusion und Diversität. Gebt dem Rechtspopulismus und rechtsextremen Parteine keine Chance, nicht auf dem Wahlzettel und nicht im Alltag.
Leitet diesen offenen Brief gerne weiter.
Wir danken hier auch den Verfassern des Berliner Manifests gegen Instrumentalisierung von
LSBTIQ* durch Rechtspopulist*innen, dies war uns Anreiz und Inspiration: http://www.berlinermanifest.de/
Bisherige Unterzeichner*innen:
Vorstand des LAFT Berlin – Landesverband freie darstellende Künste Berlin e.V.: Janina Benduski, Chang Nai Wen, Nina Klöckner, Sandra Klöss, Elisa Müller, Nicole Otte, Björn Pätz, Vera Strobel und Martin Stiefermann.
Koalition der Freien Szene, SprecherInnenkreis: Christophe Knoch, Mica Moca Project Berlin / Für Bildende Kunst: Zoë Claire Miller, Sophie-Therese Trenka-Dalton, berufsverband bildender künstler*innen berlin / Für Kulturproduktion: Wibke Behrens / Für Musik: Sebastian Elikowski-Winkler, Timo Kreuser DACH/MUSIK, Initiative Neue Musik und Bettina Bohle, Nikolaus Neuser DACH/MUSIK, IG Jazz Berlin / Für Literatur: Moritz Malsch, Eric Schumacher, Netzwerk Freie Literaturszene / Für Tanz: Simone Willeit, Ufestudios / Theater: Elisa Müller, Vera Strobel, Landesverband Freie Darstellende Künste (LAFT Berlin e.V.) und für Projekträume Chris Benedict, Matthias Mayer, Netzwerk freier Berliner Projekträume und – initiativen.