Offener Brief – Corona-Shutdown

Corona-Shutdown – Schnelles und unbürokratisches Handeln ist für Künstler*innen aller Sparten der Freien Kunst- und Kulturszene Berlins überlebensnotwendig!

Freie Szene stärkenSehr geehrter Herr Senator Dr. Lederer,

die aktuellen Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus (z.B. Veranstaltungsabsagen bis zum 20.04. bzw. bis zum 20.7. in den Berliner Universitäten) treffen die Gruppe der Freiberuflichen im Kulturbereich besonders hart, weil sie meist prekär und oft am oder unter dem gesellschaftlich definierten Existenzminimum leben. Niemand weiß, wie sich die Ausbreitung des Virus entwickeln wird und ob das kulturelle und öffentliche Leben
tatsächlich nicht vielleicht über Monate hinweg beeinträchtigt bleiben wird.

Kunst und Kultur sind einer der stärksten Wirtschaftsfaktoren in Berlin und ein Grundnahrungsmittel unserer Stadt und Gesellschaft. Zehntausende von freien Künstler*innen und Hunderte von freien Spielstätten erleiden nun hohe Verluste durch ausfallende Engagements und Unterrichtsstunden, durch abgesagte Aufführungen, Lesungen, Probenphasen, unterbrochene gemeinsame Stückentwicklungen und Produktionen sowie angeordnete Schließungen. Sie sind akut in ihrer Existenz gefährdet und können nicht noch Wochen ohne Einnahmen durchhalten und auf Lösungen warten.

Wir fordern daher ein schnelles und unbürokratisches Handeln, das es Künstler*innen aller Sparten in Berlin kurzfristig ermöglicht, sich und ihre Familien existentiell zu sichern – in einer Zeit, in der die für Kultur unabdingbare Öffentlichkeit untersagt und unmöglich ist.

Dies betrifft insbesondere die vor uns liegenden Wochen, aber auch bereits Projekte und Vorhaben in der zweiten Jahreshälfte 2020. Auch hier fehlt schon jetzt die Planungssicherheit, um Projekte verantwortungsvoll durchzuführen und Projektförderungen nutzen zu können, damit die vertraglichen Vereinbarungen aller Beteiligten eingehalten werden und die Projektverantwortlichen nicht persönlich haften müssen.

Neben geförderten Projekten sind aber auch Künstler*innen betroffen, die Vorstellungen ohne Förderung auf die Beine stellen und deren einzige Einnahme die Eintrittsgelder sind. Außerdem erwirtschaften Tanzschaffende einen Großteil ihres Einkommens mit Gastspielen und Arbeitsphasen im Ausland bzw. außerhalb von Berlin. Das gilt nicht nur für Tänzer*innen und Choreograf*innen sondern auch für die Produktionsleitungen.

Ein Notfallkredit ist keine geeignete Lösung für diese Fälle und auch nicht für alle anderen geförderten oder nicht-geförderten Künstler*innen Berlins, da die meisten keine Rücklagen bilden konnten und auch in Zukunft nicht bilden können werden, und eine Verschuldung daher ebenfalls ein existenzielles Problem darstellen würde.

Wir brauchen daher umgehend:

1. Einen Soforttopf zum Abwenden existentieller Bedrohungen durch aktuelle Einnahmeausfälle von freiberuflichen Künstler*innen aller Sparten.

2. Eine verbindliche Regelung zur Absicherung freier Spielstätten und Projekträume, die durch die Schließungen keine Einnahmen mehr generieren können und/oder
Ticketeinnahmen aus dem Vorverkauf abgesagter Veranstaltungen zurückzahlen müssen.

3. Eine verlässliche Regelung zum Umgang mit Projektförderungen und nicht verschiebbaren vertraglich fixierten Veranstaltungen (in Fortführung des hilfreichen Hinweises zum Umgang mit Projektförderungen in Bezug auf COVID 19).

4. Eine möglichst zeitnahe Koordination der Maßnahmen zwischen dem Land Berlin und dem Bund.

5. Eine beratende Begleitung bzw. Beteiligung der Koalition der Freien Szene an der Entwicklung und Fokussierung der Sofortmaßnahmen (Innen-Expertise).
Eine Reihe von Aufrufen zur Koordination von Handlungen mit konkreten Handlungsanweisungen – wie zum Beispiel der Abfrage und Dokumentation von Einnahmeausfällen – wurde durch die einzelnen Spartenvertretungen bereits begonnen.

Siehe hierzu folgende Links:
https://www.surveymonkey.de/r/XZJSKBZ  (Umfrage DOV)
https://docs.google.com/document/d/1iHSTCKI0AsTFRyiNVw2drnA1zhO4dHBfEhN4ldV_Y
m8/edit?usp=sharing (inm Berlin)
https://docs.google.com/document/d/16u4KPkVmd1d4wXemkJzJP1ZDmg2VqVGYqwkArEN
m3VQ/edit?usp=sharing (ZMB e.V.)
https://docs.google.com/document/d/1d9em1jgBYg_hlhqkzDK8wWr_fQmE4lRhfnBICd4RgT
Q/edit (IG Jazz)
https://docs.google.com/document/d/1-tCQXBXAtB0X2_uQhWzEmVSwWHwxyonD4YSJw5
2rXZ0 (ZTB)
https://vs.verdi.de/themen/nachrichten/++co++4e085142-660f-11ea-9bec-001a4a160100
(Literatur)
https://www.clubcommission.de/task-force-gegen-das-corona-virus-berliner-clubs-zwischen-i
nfektionsschutz-und-privatinsolvenz/ (Clubkommission Berlin)
http://on-the-move.org/news/article/20675/corona-virus-resources-arts-culture-and-cultural/?f
bclid=IwAR3gUHrfaAAsMN_HpyIQgQIKXeB87XrYutqaHCi4AJVLCgkLPwhAlg02-mE
(Generelle Sammlung von Hilfetools für Künstler*innen)
http://115940.seu2.cleverreach.com/m/11860246/ (Deutscher Kulturrat)
https://www.berlin.de/sen/kulteu/aktuelles/ (SENKULT/EU)
https://www.bundesregierung.de/breg-de/bundesregierung/staatsministerin-fuer-kultur-undmedien/
aktuelles/bundesregierung-startet-hilfsmassnahmen-wegen-coronavirus-kulturstaats
ministerin-gruetters-kultur-und-kreativwirtschaft-muessen-massiv-unterstuetzt-werden–1730
406 (Bundessaatsministerin für Kultur)
https://twitter.com/BundesKultur/status/1238478034799378439
https://www.creative-city-berlin.de/de/news/2020/3/13/corona-krise-hilfestellung-fur-kunstlerund-
selbstandige-aus-der-kultur-und-kreativwirtschaft/
Wir stehen für die Beratung und Beteiligung an dem Prozess ab sofort zur Verfügung!
Mit den besten Grüßen und bleiben Sie gesund!
Der Sprecher*innenkreis der Koalition der Freien Szene Berlin

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Image: CDC/Alissa Eckert, MS; Dan Higgins, MAMS